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Neue Wege

 
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Cailean Tirvar



Anmeldedatum: 29.06.2005
Beiträge: 1

BeitragVerfasst am: Sa 10 Dez, 2005 22:37    Titel: Neue Wege Antworten mit Zitat

Der Tag neigte sich langsam dem Ende zu und mit der einsetzenden D?mmerung kamen starke Winde auf. M?hsam lenkte Cailean ihr Tier durch das Dickicht der B?ume. Die ?ste, die ihr dabei ins Gesicht schlugen, sp?rte sie nicht. Sie war mit ihren Gedanken weit weg.
Noch deutlich hatte sie die vergangenen Stunden vor Augen, sah sich zusammen mit Auron und Cena am Feuer sitzen. H?rte die erhitzten Stimmen, die Worte, die sie sich gegenseitig an den Kopf geworfen hatten. Sie war in ihrer ungez?gelten Wut, weit ?ber das Ziel hinaus geschossen. Verblendet und von der Richtigkeit ihrer Worte ?berzeugt, hatte sie einen andren verletzt, ihn beleidigt. Trotzig wie ein kleines Kind hatte sie auf ihre Worte beharrt, nicht mehr zugeh?rt, immer wieder neue spitze Pfeile geworfen. Nur um des Treffens, des Verletzens willen.

Sie hatte dieses, sich so bedingungslos auf einen Gott verlassen, ihm sein Leben zu widmen nie verstanden. Noch weniger, das man etwas im Namen dieses Gottes tut, das man alle seine Taten damit rechtfertigt. War es nicht so, das man selbst f?r sich und sein Schicksal die Verantwortung tr?gt und sich nicht einfach nur in die H?nde eines Gottes begibt? Kann man wirklich alles mit einem Gott, einem Glauben rechtfertigen?

Der Wind zerzauste ihre langen rotbraunen Haare, mit einer fahrigen Bewegung strich sie sich eine Haarstr?hne aus dem Gesicht und sie begann zu fr?steln. "Sinnfrei..." leise murmelte sie das Wort. Ihr Leben sei sinnfrei, weil sie sich keiner Aufgabe, keinem Gott, keinem Ziel verschrieben habe. Das hatte sie mehr getroffen, als sie es jemals zugegeben h?tte. Das liess sie nicht mehr los. Cailean achtete schon lange nicht mehr, auf den Weg, wohin sie ritt. Die Gedanken in ihrem Kopf ?berschlugen sich. Sie verliess sich darauf, das ihr Tier sie nach Hause brachte. Dort hoffte sie Schutz und Geborgenheit zu finden. Dort f?hlte sie sich wohl, sie liebte dieses kleine Holzhaus, mit seinem warmen Kaminfeuer, das sowohl Licht als auch W?rme spendete. Und wenn sie die T?r hinter sich geschlossen hatte, dann kam sie zur Ruhe. Doch dieses Mal war es anders. Immer wieder hallte dieses Wort in ihren Gedanken wider. Endlich zu Hause angekommen, lief sie rastlos in dem Raum auf und ab. Die so ersehnte Ruhe, sie wollte sich nicht einstellen.

Ihr kamen die Worte ihrer Grossmutter in den Sinn, darauf hatte Cailean immer vertraut. Sie war eine weise und sehr naturverbundene Frau, die das Leben, den Menschen, als ein Rad bezeichnete, einen Kreis, der sich nach den vier Himmelsrichtungen ausrichtete. Das war das erste, das sie ihr beibrachte. Der Norden steht f?r Weisheit, der S?den f?r Unschuld, Vertrauen und der genauen Erkenntnis der Natur unseres Herzens, der Westen f?r den Innenblick in das eigene Wesen und der Osten f?r die Erleuchtung, den weiten klaren Blick. Ein L?cheln huschte ?ber Caileans Gesicht, denn genau konnte sie sich daran erinnern, ihre Stimme h?ren, sogar ihre W?rme sp?ren. "Weisst du, mein Kind, bei der Geburt wird jedem von uns eine dieser Richtungen als Ausgangsort bestimmt. Und genau dieser Ort, gibt uns unsere erste Art und Weise, alle Dinge, Lebewesen wahrzunehmen. Das ist der leichteste und nat?rlichste Weg, den du durch das Leben nehmen kannst. Aber, wenn du nur diese eine Richtung nimmst, die dir vorgegebene, dann wirst du einseitig bleiben. Du wirst nie ein Ganzes werden. Nie Vollkommen. Es ist wichtig, das du alle vier Richtungen suchst und verstehst. Nur so wirst du ausgeglichen sein und f?hig zu entscheiden."

Es war fast so, als w?re ihre Grossmutter hier im Raum, und sogar das sanfte Streichen ?ber ihr Haar, schien sie zu sp?ren. "Es wird dir nichts nutzen, wenn du nur weise bist. Niemals wird dich ein Gef?hl erreichen, in dir und um dich ist K?lte. Auch wenn du weit und klar sehen kannst, wird dich nichts wirklich ber?hren. Nicht einmal glauben wirst du es k?nnen. Du wirst immer ?ber den anderen stehn, abgesondert und alleine. Wenn du nur nach innen schaust, wirst du dich nie zu etwas entschliessen k?nnen. Gehst du nur in den S?den, wirst du nie weiter sehen k?nnen, als neben dich. Nur das, was direkt neben dir ist und dich ber?hrt. Alles andere nimmst du nicht wahr."

Je l?nger sie nachdachte, desto mehr Worte erinnerte sich Cailean. Sie war im S?den geblieben. Keinen Schritt war sie weiter gegangen, in irgendeine der Richtungen. Selbst ihr Haus hatte sie im S?den gebaut. Ein Ruck ging durch die zierliche Gestalt. Es war Zeit, zu gehen, die andren Richtungen zu erkunden, nicht mehr auf der Stelle zu treten. Ihre Grenzen, ihre M?glichkeiten zu finden. Entschlossen packte sie das N?tigste zusammen. Sie wusste, das ihr der Abschied schwer fallen w?rde und viel Kraft kosten. Aber es w?rde kein Abschied f?r immer sein. Sie w?rde wieder kommen.
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